Unsere Geschichte

Die Mergentheimer Wallfahrt nach Walldürn

1630 findet sich im Rechnungsbuch der Stadt der Eintrag: 

1fl ist dem Thomas Teicher Schulmeister, verehrt als sie nach Waltthürn wallt, dem Schmieg, so die Fahnen getragen

Nachweisbar wallen also die Mergentheimer seit mindestens 381 Jahren nach Walldürn. Unterstellen wir, dass mit diesem Eintrag nicht der Beginn der Mergentheimer Wallfahrtstradition markiert wird, sondern dass die Wallfahrt bereits Bestand hatte, was im Übrigen auch der zunehmende Bekanntheitsgrad Walldürns um 1620 nahelegt, kann unsere Wallfahrt sicher in den Kreis derer aufgenommen werden, die seit gut 400 Jahren zum Heiligen Blut wallen.


Diese große Tradition ist natürlich auf die Tatsache zurückzuführen, dass Mergentheim als Sitz des Deutschen Ritterordens bis 1809 nahezu rein katholisch war und die Deutschherren ihren Bürgern das Wallfahren gewährten. Wir erfahren aber aus den Büchern, dass diese „Gewährung“ im Verlauf der Jahrhunderte von Duldung, über freudige Unterstützung bis hin zur völligen Ablehnung reichen konnte.

Seit ihrem Anbeginn schien die Wallfahrt trotz Kriegszeiten bis 1679 gepflegt worden zu sein. In jenem Jahr jedoch musste sie wegen erneuter Kriegsunruhen für längere Zeit eingestellt werden. 1719 entsprach dann der damalige Hoch- und Deutschmeister Franz Ludwig der vorgetragenen Bitte der Mergentheimer, die Wallfahrt wieder aufnehmen zu dürfen. Er unterstreicht in seinem Antwortschreiben, dass er all dem, was zur Ehre Gottes gereiche, keineswegs entgegenstehe und er „solcher erbaulichen Andacht allen Vorschub zu leisten geneigt sei“. So wird denn auch das frühe 18.Jh. zur großen Zeit unserer Mergentheimer Wallfahrt nach Walldürn. Mit dem Allerheiligsten hat man die Pilger aus der Stadt geleitet und unter großer Anteilnahme der Bevölkerung am nächsten Tag bei der Rückkehr mit dem Geläute aller Glocken auch wieder empfangen.

Die Aufklärung brachte erneut für einige Jahre eine Einstellung


 der Wallfahrt. 1788 verbot Hoch- und Deutschmeister Maximilian das Wallfahren „aufs Schärfste“, sah er doch darin „auch für das Christentum daraus entspringenden, schädlichen Müßiggang“.

Unter seinen Nachfolgern Erzherzog Karl und Erzherzog Anton Viktor (1801/1804) dürfte die Wallfahrt aber wieder aufgenommen worden sein.
1809 endete dann die Herrschaft des Deutschen Ordens in Mergentheim, denn die Stadt kam durch napoleonischen Machtspruch zu Württemberg. Obwohl die württembergische Herrschaft protestantisch war, konnte die damals noch überwiegend katholische Bürgerschaft ihre Wallfahrtstradition, allerdings mit offensichtlich abnehmenden Teilnehmerzahlen, weiterführen. Dennoch ist sie seit dieser Zeit, bis heute, ununterbrochen nachgewiesen.


1914 wurde in Bad Mergentheim der Walldürner Wallfahrtsverein gegründet: „zur Ehre des Heiligen Blutes, damit sich die Prozession wieder hebt“, wie in der Urkunde vermerkt ist. Auch in der Ära des Nationalsozialismus hatten die Mergentheimer den Mut, ihre Wallfahrt zu pflegen. Allein 1944 musste sie wegen Tieffliegergefahr ausgesetzt werden. Heute ist sie fester Bestandteil des religiösen Lebens unserer Stadt und sieht jährlich zwischen 150 und 200 Pilger auf dem Weg nach Walldürn.

Eine Besonderheit der Mergentheimer Wallfahrt zum Heiligen Blut sind die sieben Fußfälle, die die ganze Prozession jeweils auf die Knie fallen lässt und mit denen die fünf heiligen Blutvergießungen, die der heiligen Schulter und des dornengekrönten Hauptes verehrt werden. Diese Fußfälle sind seit der Mitte des 17.Jh. nachgewiesen.

 


tolz können wir Mergentheimer auch auf alte Wallfahrtsbücher verweisen, deren Ältestes aus dem Jahre 1775 datiert. In diesen Wallfahrtsbüchlein wurden die zwischen den einzelnen Ortschaften zu betenden Andachten, Litaneien und Rosenkränze genau festgelegt. In dieser Tradition stehend, haben sie teilweise heute noch Bestand. Auch die alten Wallfahrtslieder, vor allem jene, die die Mutter Gottes besingen - Mergentheim selbst war ja Marienwallfahrtsort und erfleht die Hilfe der "Mutter von ganz Mergenthal" - erfahren akribische Pflege und wurzeln ebenfalls in Jahrhunderte alter Tradition.

 

Die Mergentheimer Wallfahrt findet alljährlich am 3. Wochenende nach Fronleichnam statt. Abgang der Wallfahrer ist am Samstagmorgen um 2 Uhr an der Stadtkirche und gegen 13 Uhr werden sie in Walldürn empfangen.

 

Den Rückweg treten die Pilger am Sonntagmorgen an und abends gegen 21 Uhr holen die Mergentheimer ihre „Waller“ am Trillberg ab, um sie in die Stadt zu begleiten. Dies erfolgte früher in einer feierlichen Lichterprozession, was seit Einführung der Sommerzeit leider nicht mehr möglich ist.

 BG (2011)

 

Weg der Mergentheimer Wallfahrt (ca. 40 km):

Unsere Pilgerführer:
1914 bis 1924 Burkhard Model
1924 bis 1934 Johann Schmucker
1934 - 1947 Alois Rüdenauer
1947 - 1960 Paul Heck
1960 - 1976 Josef März
1976 - 1996 Gerhard Hemmerich
1996 - heute Alois Baumann
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